Top 5: Alternative Staatsoberhäupter für Deutschland bei Civilization

2021 ist es wieder soweit: Civilization VII steht vor der Tür. Jedenfalls kommt man zu diesem Schluss, wenn man die durchschnittliche Entwicklungszeit der einzelnen Teile anguckt: Der erste Teil erschien 1991, der aktuellste 2016. 5 Teile in 25 Jahren macht alle 5 Jahre ein neues Civilization. In diesen gut 5 Jahren müssen nicht nur technische und spielerische Neuerungen entwickelt werden, sondern es müssen auch neue Anführer gefunden werden, damit das Spiel seinen Reiz behält. Hätte jedes Civilization die gleichen Anführer gehabt, wäre dies ein wenig öde gewesen. Barbarossa füllt im neusten Teil diese Newcomer-Rolle für Deutschland aus, da er zum ersten Mal dabei ist. Danken wir nun 5 Jahre weiter und beachten dabei die Bedingung, dass es wieder ein neues Gesicht für Deutschland geben soll, stellt man sich die Frage: Wer? Eventuell müssen wir nicht einmal 5 Jahre warten, Civilization VI hat wieder mehrere Anführer für eine Nation, sodass ein weiterer deutscher Herrscher dazukommen könnte. Und auch diese könnte ein Neuling sein. Die Frage nach dem „wer?“ soll nun Thema dieses Blogeintrags sein: In einem Ranking möchte ich 5 Personen der deutschen Geschichte vorstellen, die das Zeug dazu hätten, in der Civilization-Serie aufzutauchen. Grundlage für dieses Ranking sollen zwei Faktoren sein: zum einen die Rolle der jeweiligen Personen in der deutschen Geschichte und zum anderen die mögliche Umsetzbarkeit in der Spielserie. Da Deutschland bis jetzt fast immer einen Fokus auf Militär und Produktion hatte, soll es auch darum gehen, andere Perspektiven anhand der jeweiligen Anführer aufzuzeigen. Sprich: Aspekte wie Religion oder Wirtschaft in den Fokus einer deutschen Nation bei Civilization zu stellen. Denn die deutsche Geschichte hat sicherlich mehr zu bieten, als nur auf die „Rüstungsnation“ der letzten beiden Jahrzehnte reduziert zu werden. Und mit welchen Herrschern das möglich wäre, seht ihr nun im folgenden Ranking. Viel Spass beim Lesen!

Platz 5: Wilhelm II. (1859 – 1941)

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Letzter deutscher Kaiser: Willhelm II.

Die Aufgabe, den Fokus nicht auf das Militär zu legen, misslingt mit gleich beim ersten Kandidaten! Jedenfalls so halb…: Kaiser Wilhelm II. war von 1888 bis 1918 Deutscher Kaiser und Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches. Seine Herrschaft grenzte sich stark von der bisherigen, eher zurückhaltenden Politik Otto von Bismarcks ab: Ein Platz an der Sonne, wie es sein Reichskanzler Bernard von Bülow 1907 formulierte, war das erklärte Ziel. Durch eine verstärkte Kolonialpolitik wollte man das Deutsche Reich als Weltmacht etablieren. Ein wichtiger Punkt in diesem Bestreben war auch die Aufrüstung der Deutschen Flotte. Im den Jahren 1898 und 1900 verkündete er zwei Flottengesetze, wodurch es zu einer massiven Aufstockung der Marine kam. Aber nicht nur in Masse, auch in die Qualität deutscher Schiffe wurde investiert. Unter anderem konnte man so die zur damaligen Zeit modernsten U-Boote der Welt bauen – ein Hinweis auf das U-Boot als Spezialeinheit der Deutschen in Civilization VI. Die Marine war einer der Kernpunkte von Wilhelms Politik und dies könnte man bei einem zukünftigen Teil einarbeiten. Denn „Seefahrernationen“ gibt es in den meisten Civilization-Teilen bereits und mit Wilhelm II. könnte man auch Deutschland einen solchen Charakter verpassen. Möglichkeiten gibt es viele: Hafengebäude könnten schneller gebaut werden, ebenso Marineeinheiten. Auch könnten Handelswege über Meer nicht geplündert werden (Deutsche Schutzflotte?) oder Deutschland hätte unter ihm einen generellen Stärkebonus bei Marineeinheiten. Hierdurch würde sich Wilhelm II. auch von seinen Vorgängern unterscheiden: Waren die Boni bisheriger Anführer meistens auf Landeinheiten beschränkt (bis auf das oben genannte U-Boot), so verschiebt sich er Fokus hier auf das Meer. Deshalb erlaube ich mir diese Freiheit, hier doch ein wenig militärisch zu sein. Historisch gesehen bleibt Wilhelm II. die Rolle als letzter deutscher Kaiser, nachdem das Kaisertum 1918 abgeschafft worden war. Denken (Deutschland als Weltmacht) und Handeln (Niederlage im ersten Weltkrieg) standen dabei weit auseinander, wenngleich man ihm zu Gute halten muss, wohl der „Aktivste“ der drei Kaiser seit 1871 gewesen zu sein. Ob ihn das eigenständig genug macht, um vor andere Herrscher zu rücken, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Mit seiner Marinekonzentration wäre er aber ein würdiger neuer Anführer für Deutschland in einem zukünftigen Civilization.

Platz 4: Heinrich IV. (1050-1106)

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Wie aufgemalt: Darstellung Heinrichs (um 1106)

Investiturstreit. Mehr muss man zum nächsten Kandidaten nicht sagen, weil es wohl einer der wenigen Begriffe ist, der jedem Schüler in mittelalterlicher Geschichte bis zur Bewusstlosigkeit „beigebracht“ wurde. Aber alles der Reihe nach: 1056 wurde Heinrich IV. Zum römisch-deutschen König gewählt. In seinem Bestreben, der Königskrone wieder mehr Macht zu verleihen geriet er nicht nur mit weltlichen Herrschern in Konflikte, sondern auch mit der Kirche. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, sich zum Kaiser krönen zu lassen, kam es 1076 zum oben genannten Investiturstreit: Heinrich forderte für sich das Recht, Priester und andere geistliche Würdenträger einzusetzen, wovon die Kirche aber nicht ablassen wollte. Auf einem Hoftag in Worms forderte der Kaiser den Papst daraufhin auf, von seinem Thron herabzusteigen, kurz darauf wurde Heinrich vom amtierenden Papst Gregor VII. Exkommuniziert, woraufhin sich viele Fürsten im Reich von ihm abwandten. Der im Winter 1076/77 von Heinrich IV. angetretene Bittgang zu Gregor nach Canossa (auch sehr beliebt bei Schülern!) war auf kurze Sicht zwar eine Niederlage für Heinrich, auf lange Sicht konnte er jedoch die Reichsfürsten wieder an sich binden und Gregor nach einer Belagerung Roms 1084 absetzen. Der Investiturstreit war damit zwar noch nicht beendet, aber Heinrich IV. ging hier als Sieger hervor. Generell war er sehr darauf bedacht, für ein starkes Königtum zu sorgen, in welchem Fürsten und kirchliche Würdenträger unter ihm standen. Dieses begründete er dadurch, direkt von Gott eingesetzt zu sein, weshalb er nicht unter dem Papst stehe. Mit dem Begriff „Gottesgnadentum“ hätte man auch gleich einen passenden Namen für einen Bonus Heinrichs in Civilization, welche Deutschland zum ersten Mal einen religiösen Bonus bringen würde. Größere Möglichkeiten bei der Religionserstellung, erhöhte Kampfstärke gegen andere Religionen oder schnellere Ausbildung von religiösen Einheiten hätten einen historischen Bezug. Das einzige, was gegen Heinrich IV spricht, ist seine historische Bewertung. Zwar kennen ihn viele aufgrund des Geschichtsunterrichts, aber in jüngsten historischen Arbeiten wird sein Handeln eher negativ bewertet. Der Historiker Gerd Althoff wirft ihn u.A. vor, dass er „ganz ohne Zweifel die Krise der Königsherrschaft seiner Zeit zu verantworten“ habe. In seinem Streben um die Stärkung des Königtums hätte er das eigentliche Reich vernachlässigt und es hätte für die Fürsten gute Gründe gegeben, gegen ihn zu rebellieren. Im Vergleich zu anderen Herrschern der deutschen Geschichte fällt so ein eher negatives Bild schon auf und man müsste sich die Frage stellen, wieso man ausgerechnet Heinrich anstatt bspw Bismarck oder Friedrich dem Großen genommen hat, die ja beide eher positiv bewertet werden. Nichtsdestotrotz wäre Heinrich ein interessanter Kandidat mit einer religiösen Ausrichtung für die sonst eher wenig religiösen Deutschen. Also in Civilization natürlich!

Platz 3: Angela Merkel (1954-…)

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Zur Zeit noch im Amt, bald schon im Spiel: Angela Merkel

Gut 100 Jahre nach Wilhelm II. sollte zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine Frau die Rolle des Regierungsoberhauptes übernehmen. Seit 2005 regiert Angela Merkel in wechselnden Koalitionen Deutschland als Bundeskanzlerin und hat sich sowohl innerhalb, als auch außerhalb Deutschlands einen Ruf erarbeitet: In Deutschland wurde sie bereits zweimal wiedergewählt, während sie im Ausland in den letzten 9 von 10 Jahren zur mächtigsten Frau der Welt gewählt wurde. Dies geschah im Rahmen einer Liste des Forbes Magazine, bei welchem öffentliche Wahrnehmung und die wirtschaftliche und politische Bedeutung eine Rolle spielen. Für ein Spiel, welches in den USA entwickelt wird, sicherlich keine zu verachtende Statistik. Verstärkt in den Fokus ist sie aber erst im Verlauf der Flüchtlingskrise 2015 gerückt: Ihr Leitgedanke „Wir schaffen das“ war heftig umstritten, sorgte aber für eine klare Gegenposition zu den meisten eher negativ eingestellten und teilweise offen fremdenfeindlichen Positionen in Deutschland und Europa. Ob sie auf lange Sicht eine so bedeutende Rolle für die deutsche Geschichte einnehmen kann, wie es andere Staatsoberhäupter bei Civilization getan haben, wird sich erst zeigen, aber die Möglichkeit besteht. Weiterhin ist seit Civilization V der Wille erkennbar, neben den großen Namen der Geschichte auch weniger bekannte, aber dafür weibliche Anführer zu nehmen. Caterina de’ Medici dürfte neben ihren „großen“ Vorgängern Napoleon oder Ludwig XIV. weitaus weniger bekannt sein, jedoch ist sie das Gesicht Frankreichs bei Civilization VI. Auch Wu Zeitan (China, Civilization V) folgt diesem Muster. Angela Merkel hat zusätzlich den Vorteil von anderen fehlenden weiblichen Persönlichkeiten in der deutschen Geschichte. Civilization II musste sich bezüglich des weiblichen Anführers mit Maria Theresia auch einer Habsburgerin bedienen, weil es keine wirklichen Alternativen gab. Und in diese Rolle könnte Angela Merkel in ein paar Jahren eventuell fallen, wenn man nach einem weiblichen Anführer für Deutschland sucht. Bezüglich der Boni lässt sich bei einer amtierenden Person nur schwierig etwas sagen, da eine Kanzlerschaft eigentlich erst im Nachhinein bewertet werden kann. Man könnte einen Bezug zum verbreiteten „Deutschen Mittelstand“ herstellen und den Fokus auf eine starke Wirtschaft legen oder ihr „Wir schaffen das“ im Sinne optimistischer Politik als Zufriedenheitsbonus auffassen. Oder alternativ den pöbelnden PEGIDA-Demonstranten als Spezialeinheit mit zusätzlicher Angriffsstärke gegen Ausländer… 😀

Platz 2: Konrad Adenauer (1876 – 1967)

Düsseldorf, CDU-Bundesparteitag, Adenauer
Erster Bundeskanzler der BRD: Konrad Adenauer

Das Civilization eine Schwäche für Staatsmänner nach dem zweiten Weltkrieg hat, konnte man im vierten Teil erkennen. Mit Winston Churchill, Charles de Gaulle und Josef Stalin waren gleich drei Vertreter der Alliierten im Spiel enthalten, wenn man den kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs verstorbenen Franklin D. Roosevelt noch dazu nimmt, sogar vier. Neben alle ihren Leistungen im zweiten Weltkrieg ging es für sie aber auch darum, die Nachwirkungen des zweiten Weltkrieges zu verarbeiten und ihre jeweiligen Nationen wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Dasselbe galt für das großflächig zerstörte Deutschland und dessen Wiederaufbau ist stark mit dem ersten Kanzler der Nachkriegsära verbunden: Konrad Adenauer. Innerhalb relativ kurzer Zeit sorgte er für ein Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik, was neben einem wirtschaftlichem Aufschwung auch für eine Steigerung des nationalen Selbstbewusstseins sorgte. Adenauers Bedeutung für Deutschland (vor allem das „moderne“) kann daher nicht hoch genug eingeschätzt werden, dies zeigte sich bspw 2003, als er in einem Voting der ZDF Show „Unsere Besten“ auf Platz 1 der größten Deutschen aller Zeiten (!) gewählt wurde. Aber auch außenpolitisch hat Adenauer viel dafür getan, Deutschland aus der Isolation zu befreien: 1952 nahm man wieder Kontakt zu Israel auf, 1955 trat Deutschland der NATO bei und 1957 gründete man mit anderen Staaten in Europa die EWG, aus welcher sich dann die EU entwickeln sollte. Als Bonus böte sich deshalb ein verstärkter Fokus auf Wirtschaft oder Diplomatie an. So könnte sein Bonus „Wirtschaftswunder“ nach dem Beginn einer neuen Epoche ein goldenes Zeitalter auslösen. Oder es gibt einen generellen Bonus für Wirtschaft oder Produktion, auch wenn letzteres wieder in das „typische“ Muster Deutschlands fallen würde. Ein Diplomatiebonus könnte Stadtstaaten besser an Deutschland binden, bspw durch zusätzliche Gesandte. Dadurch hätte man einen guten Kontrast zum aktuellen Bonus Deutschlands, bei welchem es zusätzliche Stärke im Kampf gegen Stadtstaaten gibt.

Platz 1: Otto der Große (912-973)

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Feiert seinen Sieg in diesem Ranking: Otto der Große (Darstellung um 1200)

Eine Gemeinsamkeit verbindet sowohl die vorher von mir genannten Herrscher in dieser Liste, als auch die bereits im Spiel als deutsche Staatsoberhäupter vorkommenden Personen: Ohne die Kaiserkrönung Ottos des Großen 962 und der damit verbundenen Verknüpfung zwischen Kaisertum und dem deutschen Reich hätte es sie wohl alle nicht gegeben. Nachdem sich das Frankenreich im Jahr 843 aufgeteilt hatte, verblieb die Kaiserkrone zuerst noch bei den westfränkischen Herrschern. Im Osten entwickelte sich das Ostfrankenreich, aus welchem später die deutschen Könige hervorgehen sollten. Nachdem der damalige König Otto 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld die immer wieder nach Europa einfallenden Ungarn entscheidend zurückschlagen konnte, erlangte er 962 die Kaiserwürde. Diese war nun an das ostfränkische Reich verknüpft und daraus sollte sich in den nächsten Jahrhunderten das Heilige Römische Reich Deutscher Nation entwickeln. Die Zeit unter Otto dem Großen (Den Beinamen erhielt er bereits im Mittelalter) kann deshalb als erste wirkliche Geburtsstunde eines deutschen Staates oder als Geburtsstunde der deutschen Nation (Zitat des Historikers Jan von Flocken) gesehen werden. Für ein Spiel wie Civilization ist er aus diesem Grund perfekt geeignet: Wen könnte es besseres als einen Anführer einer Nation geben, als deren eigentlichen Gründer? Mit der Bindung der Kaiserkrone an das ostfränkische Reich hätte man einen Aspekt, aus welchem man seinen Bonus für das Spiel ableiten könnte: als „von Gott“ eingesetzter Kaiser wäre, wie schon bei Heinrich IV., auch einmal ein religiöser Bonus bei den Deutschen möglich. Zusätzliche Möglichkeiten bei der Religionspolitik, wie bspw ein zusätzlicher Slot bei der Religionserstellung, oder eine erhöhte Kampfstärke nach Gründung einer Religion bieten sich an. Auf jeden Fall besitzt Otto der Große alles, was ein Herrscher für Civilization haben sollte: eine große Rolle in der Geschichte der jeweiligen Nation, die auch heute noch vorhandene (und unumstrittene!) Anerkennung seiner Regierungszeit und verschiedene Möglichkeiten, seine Regierungszeit in Boni umzuwandeln. Entweder man wagt was Neues bei ihm oder konzentriert sich auf das typische Bild der Deutschen bei Civilization: Militär und Produktion. Die Entwickler können sich bei ihm „austoben“ und eventuell sehen wir ihn ja auch schon im aktuellen Teil als zweites Oberhaupt neben Barbarossa. Aber auch die anderen 4 Namen wären würdige Vertreter für das aktuelle oder ein zukünftiges Civilization. Spätestens in 5 Jahren sollten wir dann sehen, ob einer dieser Namen auftaucht…

4 Gedanken zu “Top 5: Alternative Staatsoberhäupter für Deutschland bei Civilization

  1. Guten Tag
    Ich weiss nicht ob es ihn schon als Anführer gab aber wie wäre es mit Arminius ???
    Mal eine andere Epoche von Anführer und geschichtlich relevant

    Als Spezial Fertigkeit kann ich mir z.b. vorstellen:

    VARUS SCHLACHT
    Einheiten bekommen Kampf Boni wenn sie von Wald aus angreifen

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    1. Moin, das klingt auch nach einer interessanten Idee, gerade der Bonus wäre natürlich passend. Auch würde man da sicherlich einige interessante Diskussionen starten können, inwiefern Arminius als „Deutscher“ angsehen werden kann. 🙂

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