Deutschland in Civilization – Teil 2

Was bisher geschah…

Weiter geht die Reise durch die deutsche Geschichte… in Civilization jedenfalls. Vor 2 Wochen haben wir uns angeschaut, welche Anführer es bisher in Civilization für Deutschland gab und welche Boni sie hatten. Die meisten (um nicht genau zu sagen: 3 von 4) der bisherigen Staatsoberhäupter haben einen klaren Bezug zur deutschen Geschichte und sind auch heute noch im Nationalbewusstsein fest verankert. Lediglich Maria Theresia war ein wenig unpassend, was sich aber mit der „Quotenregelung“ erklären lässt. Die Boni der Deutschen haben ein klares Bild gezeigt: Deutschland lebt von seinem Militär, hat es doch in allen fünf Teilen verschiedene militärische Boni. Ein anderer Aspekt steht etwas weniger im Fokus: ein eher kleiner, aber dafür gut strukturierter Staat. Alle weiteren Boni tauchen lediglich einzeln auf, dazu gehören wissenschaftlich oder auch philosophisch. Gar nicht mit Deutschland in Verbindung werden Religion, Kultur oder Wirtschaft gebracht. Wir gucken nun, ob es bei diesem „gar nicht“ bleibt, oder ob sich das Bild Deutschlands bei Civilization noch ein wenig differenziert. Denn es gibt noch spezielle Gebäude und Einheiten, die ebenfalls zur Individualisierung einer Nation beitragen. Wird der Fokus hier auch auf das Militär gesetzt? Und wie ordnet sich Friedrich Barbarossa in diese Civilization-Tradition Deutschlands ein? Neben all diesen Fragen gibt es auch noch einen Gastauftritt eines „deutschen“ Kaisers, wo wir einen Blick auf das „deutsch“ werfen wollen. Wie eine gute Serie ist also auch dieser Blogeintrag wieder voll gepackt mit Action, Leidenschaft und Dramatik! Ein wenig… hoffentlich… Mit diesen kleinen Ausschnitten endet der Rückblick nun und wir gehen in die aktuelle Folge. Viel Spass beim Lesen!

Keep on rollin‘

Bezüglich der speziellen Einheiten und Gebäude gibt es eine große Gemeinsamkeit für Deutschland in Civilization: den „deutschen Panzer“. Denn er ist in allen Teilen, in welchen es für jedes Volk eigene Spezialeinheiten gibt, vorhanden. In Civilization III ist er sogar die einzige spezielle Einheit der Deutschen, während es im vierten Teil das Montagewerk als Spezialgebäude gibt, hat Civilization V noch den Hansekontor. Seine besondere Eigenschaft gegenüber den normalen Panzer ist in jedem Spiel ein wenig anders: In Civ III hat er mehr Bewegung und kann zweimal in einer Runde angreifen.

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Die Dauerbrenner in Civilization: Deutsche Panzer

Der deutsche Panzer in Civ IV ist im Vergleich zum normalen Panzer von den Werten her gleich, besitzt aber zwei Bonuseffekte: zum einen besitzt er sofort nach dem Bau die Fähigkeit Blitz, welche mehrere Angriffe pro Runde ermöglicht. Weiterhin bekommt er +50% Angriffstärke gegen andere gepanzerte Einheiten. Diese Boni hat er in Civ V nicht mehr, dafür aber erhöhte Grundwerte in den Bereichen Kampfstärke und Bewegung. Das sorgt auch dafür, dass er hier die schnellste Landeinheit im gesamten Spiel ist. Wenn man das nun zusammenfasst, kommt man auf 3 Kernpunkte: mehrfacher Angriff, erhöhte Stärke und mehr Bewegung. Die Vorteile, die sich dem Spieler dadurch bilden, konzentrieren sich auf das „Überrennen“ des Gegners in der Spielphase des Freischaltens. Der historische Bezug für den deutschen Panzer liegt deshalb im so genannten Blitzkrieg: Im zweiten Weltkrieg war dies das taktische Mittel des Deutschen Reichs, um einen schnellen Sieg zu sichern. Durch schnelles Vorrücken und Erobern konnte sich der Gegner kaum mobilisieren und so konnten in kurzer Zeit große Gebiete Europas erobert werden. Und wichtig für das schnelle Vorrücken waren… Panzer! Aber diese waren nicht, wie es das Spiel vermittelt, stärker oder schneller als andere Panzer der damaligen Zeit. Tatsächlich war ein Großteil der beim Blitzkrieg eingesetzten Panzer veraltet, die verbesserten Modelle (Panther, Tiger) kamen erst ab 1942 zum Einsatz, wo der „Blitzkrieg“ schon abgeschlossen war. Insofern war es weniger der Panzer selbst, als die Strategie des Einsatzes, welcher ihn hervorhob. Die oben genannten Modelle war dann zwar überlegen, konnten das sich wendende Blatt aber auch nicht mehr drehen. Einen Deutschen Panzer mit den drei Merkmalen aus Civilization hat es also nie gegeben, die Spezialeinheit im Spiel kombiniert aber die unterschiedlichen Phasen der deutschen Panzereinheiten im zweiten Weltkrieg: zum einen die Schnelligkeit der Blitzkriegspanzer, zum anderen die Stärke der späteren Panzer.

 

Werfen wir nun noch einen Blick auf die beiden Spezialgebäude aus Teil IV und V. In Civilization IV ist es das Montagewerk, welches die einfache Fabrik ersetzt. Die Besonderheit des Montagewerks ist die Möglichkeit, bis zu 4 Ingenieure als Spezialisten einzusetzen. Diese erhöhen nicht nur die Produktion einer Stadt, sondern lassen auch große Ingenieure schneller erscheinen. Der Bezug zur Geschichte liegt wohl in der Produktion von Fahrzeugen. Montagewerke zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus vielen Einzelteilen möglichst schnell ein fertiges Produkt herstellen können. Besonders in der Autobranche sind sie weit verbreitet und Firmen wie Ford, VW oder BMW haben sehr viele davon in Deutschland. Aber nicht nur „normale“ Autos lassen sich so schneller herstellen, auch Militärfahrzeuge wie bspw Panzer wurden in Deutschland nach diesem Prinzip gebaut. Wobei man schon erwähnen muss, dass auch in anderen Ländern die Herstellung über Montagewerke der Standard ist, aufgrund der großen Autobranche und der Massenproduktion von Militärfahrzeugen im zweiten Weltkrieg verbindet man sie wahrscheinlich gleich mit den „fleißigen“ Deutschen.

Ebenso mit Deutschland verbunden ist die Hanse und damit das zweite Spezialgebäude der Deutschen: Der Hansekontor aus Civilization V. Dieser ersetzt nicht etwa den Hafen, sondern die Bank. Sein Zusatzeffekt ist, dass er für jeden Handelsweg mit einem Stadtstaat einen Bonus von 5% auf die Produktion in der jeweiligen Stadt bietet. Durch das „Hanse“ im Namen wird der Bezug dann auch schnell deutlich: hier sind die Kontore der Hanse gemeint, welche Niederlassungen für Kaufleute der Hanse darstellten. In diesen fanden sie nicht nur Räume, um die eigenen Geschäfte durchführen zu können, sondern sie besaßen meistens auch eine eigene Rechtsprechung.

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Darstellung eines Hansekontors in Antwerpen

In einem Hansekontor in Dänemark hatte also nicht der dänische König, sondern die Hanse das Sagen! Dabei wurden auch viele Finanzgeschäfte abgewickelt, weshalb man sich wohl entschieden hat, durch dieses Gebäude die Bank und nicht den Hafen zu ersetzen. Als kleine Anmerkung könnte man noch hervorheben, dass solche Kontore vor allem außerhalb Deutschlands gegründet wurden, um vor Ort besser agieren zu können. Ein Kontor in einer deutschen Stadt alleine macht deshalb wenig Sinn, wobei die Spielmechanik es nicht hergibt, Gebäude in anderen Städten zu bauen (außer Botschaften). Interessanter ist da schon der Bonus: er erhöht die Produktion und nicht die Einnahmen. Zwar ist der Bonus mit der Bedingung verknüpft, Handelswege zu Stadtstaaten zu halten, aber der eigentliche Fokus der Hanse fällt von der Wirtschaft zur Produktion hin. Damit folgt er in gewisser Weise dem Montagewerk aus Civilization IV, welches auch für mehr Produktion steht. Die Hanse an sich ist aber ein wichtiger Teil deutscher Geschichte und aus diesem Grund passt der Hansekontor auch gut als deutsches Spezialgebäude.

 

Die Entwickler setzen (generationsübergreifend) bei Gebäuden und Einheiten also bewusst auf die Schwerpunkte Produktion und Militär. Der militärische Aspekt verwundert nicht, da er auch schon bei den großen Persönlichkeiten hervorstach. Deutschland ist sowohl von den Anführern und deren Boni, als auch von den besonderen Einheiten stark militärisch geprägt. Auf der anderen Seite stechen bei den beiden Gebäuden die Produktionsboni hervor, welches bei den Anführern so gut wie gar nicht gab. Von wissenschaftlich über organisiert zu philosophisch war dort vieles dabei, aber kein expliziter Bonus auf Produktion. Abgesehen von dem schnelleren Errichten von bestimmten Gebäuden, aber den hat ja jede Charaktereigenschaft, weshalb es nichts besonderes ist. Man könnte diese erhöhte Produktion aber mit dem Aspekt „Gute Infrastruktur“ kombinieren, denn um möglichst gut organisiert sein zu können, bedarf es auch an viel Produktion für Gebäude oder Einheiten wie bspw Bautrupps. Zumal man so auch schneller Militäreinheiten produzieren kann, was für Kriege sehr hilfreich ist. Man könnte sogar eine Brücke zu den beiden Gebäudeboni ziehen und sagen, dass man die starken Panzer durch mehr Produktion schneller bauen kann. Wo wir wieder beim Thema „Blitzkrieg“ wären. Produktion lässt sich in Civilization nur schwierig als eigene Kategorie erfassen, da man immer schauen muss, WAS man mit der Produktion anfängt. Wenn man sich nun darauf fokussiert, die Boni der eigenen Nation besser ausnutzen zu können, bleibt bei den Deutschen… das Militär.

Deutsch oder nicht Deutsch? Das ist hier die Frage…

Kurzer Rückblick: im ersten Teil sprachen wir über die bisherigen Anführer Deutschlands in Civilization. Mit Maria Theresia kam in Civilization II eine Dame vor, die in Civilization V später als Staatsoberhaupt von Österreich agierte. Man wechselte also den Fokus von der Kaiserin des deutschen Reiches auf die regierende Erzherzogin von Österreich. Neben Theresia gibt es nun einen weiteren Anführer, der ebenfalls kein „Deutscher“ im Spiel ist, während man das in der Geschichte durchaus anders sehen kann: Karl der Große.

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Deutsch oder nicht deutsch – Das ist hier die Frage: Karl der Große

Er war von 768 bis 814 König des Fränkischen Reiches und, jetzt wird es wichtig, ab 800 erhielt er die Kaiserwürde. Aus dieser Kaiserwürde leitete 962 Otto der Große den Titel als römisch-deutscher Kaiser ab. Wie schon Karl der Große führe er den antiken Kaisertitel weiter. Aus dieser Begründung heraus entwickelte sich auch der Titel „Heiliges Römisches Reich“, da der Kaiser das Römische Reich durch die Kaiserkrönung des Papstes weiterführe. Das Spiel trennt dieses Reich aber klar von Deutschland ab, da es eine eigenständige Nation ist. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob dies korrekt ist: Friedrich II. (Civ II) oder Barbarossa im sechsten Teil stehen ja in einer Linie mit Karl dem Großen, repräsentieren alle das Heilige Römische Reich und sind vom Spiel nun doch getrennt. Die Trennung könnte durch das Auslassen eines kleinen Details erklärt werden: den Zusatz „Deutscher Nation“. Nach der Kaiserkrönung Ottos des Großen ging die Kaiserwürde auf das Regnum Teutonicorum (Deutsch: Königreich der Deutschen) über und dieser Zusatz wurde später (erst um das 15. Jhdt.) zu der Ergänzung „Deutscher Nation“ umgewandelt. Insofern gibt es schon einen Unterschied zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation! Karl der Große war zwar Kaiser des ersteren, hatte aber keinen wirklichen Bezug zu Deutschland. Im Gegenteil: Sein Kerngebiet war das Frankenland, das heutige Frankreich. Erst nach ihm kam es zu einer Teilung des Frankenreichs und aus den östlichen Gebieten wurden dann deutsche Gebiete. Civilization IV stützt sich nun auf diese Sichtweise, dass das Heilige Römische Reich erst 962 „deutsch wurde“. Karl der Große mag zwar denselben Kaisertitel wie Friedrich II. Oder Barbarossa getragen haben, aber er war kein deutscher Kaiser.

 

Spielerisch gibt es ebenfalls ein paar Änderungen: Karl der Große als Anführer ist Imperialistisch und Schützend. Seine Vorteile sind das schnellere Produzieren von Siedlern, wodurch sich wiederum schneller neue Städte gründen lassen. Schützend sorgt für die kostenlosen Beförderungen „Garnison“ und „Drill“ für Fernkampfeinheiten, wodurch diesen ein Bonus auf Stadtverteidigung und eine zusätzliche Erstangriffschance gegeben wird. Mit diesen Boni bietet es sich an, relativ expansiv zu spielen, weil man schnell Siedler produzieren kann und die neuen Städte durch den Bonus von Schützend gut verteidigt werden können. Quasi das genaue Gegenteil zu den deutschen Anführern, wo es eher um langsames Aufbauen geht und die Einheiten offensiv statt defensiv ausgerichtet sind. Das Spezialgebäude des Heiligen Römischen Reiches ist das Rathaus und ersetzt das Gerichtsgebäude. Während das Gerichtsgebäude den Unterhalt einer Stadt um nur 50% reduziert, sind es beim Rathaus gleich 75%. Sprich: Man spart mehr Geld, um den Staat finanzieren zu können. Hier gibt es eine kleine Parallele zu Friedrich dem Großen, welcher als Charaktereigenschaft „Organisiert“ hatte und 50% Unterhaltskosten für die Staatsform sparte. Abschließend noch ein Blick auf die Spezialeinheit: Diese trägt den Namen Landsknecht und ersetzt den Pikenier. Ihr Bonus ist ein Angriffsbonus von 100% gegenüber Nahkampfeinheiten, was sowohl offensiv als auch defensiv genutzt werden kann. Ein wenig verwunderlicher sind aber nicht die spielerischen Eigenschaften des Landknechts, sondern eher sein Auftauchen.

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Bereit zum Kampf: Landsknechte in Civilization IV

Denn Landsknechte waren relativ verbreitet im Heiligen Römischen Reich, aber erst im 15. und 16. Jhdt., wo es den Zusatz „Deutscher Nation“ schon längst gab. Hier waren die Entwickler ein wenig inkonsequent, doch wieder eine Brücke zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu bauen. Wenn man Deutschland und das Heilige Römische Reich voneinander trennen möchte, sollte man sich auch auf den Zeitraum zwischen 800 und 962 beziehen und nicht doch wieder aus der „deutschen Zeit“ versuchen, seine Nation im Spiel mit Inhalten zu füllen. Hierdurch wird aber nur nochmal hervorgehoben, wie schwierig eine Abgrenzung bei diesem Thema wirklich ist. Karl der Große war zwar nie ein deutscher Kaiser, aber er schuf die Grundlagen für ein Reich, welches später einmal das Deutsche Reich (und heute dann ja Deutschland!) werden sollte.

 

Barbarossa: Ein „würdiger“ Deutscher?

Mit dem vorherigen Text haben wir schon mal eine Bedingung für die abschließende Frage geklärt: mit seinem Herrschaftszeitraum von 1155 bis 1190 gehört Barbarossa historisch gesehen in den Zeitraum der Kaiser aus der deutschen Linie. Neben bei war er seit 1152 auch deutscher König, weshalb der Bezug zur deutschen Geschichte nicht klarer sein könnte. Seine Herrschaftszeit war geprägt vom Kampf gegen verschiedene Städte in Italien, welches damals zum Einflussgebiet des HRRDN gehörte. Allgemein gehörte das Lösen von Konflikten zu seiner Hauptbeschäftigung, auch mit den deutschen Reichfürsten oder dem Papst musste er einige austragen, militärisch blieb er dabei meistens auf der Siegerseite. 1189 brach er zu einem Kreuzzug gen Jerusalem auf, auf welchem er 1190 verstarb. Allerdings nicht im Kampf, sondern er ertrank im Fluss Saleph. Die Hintergründe seines Todes sind jedoch unbekannt: Altersschwäche, ein Hitzeschlag, eine zu schwere Rüstung halten sich bis heute als verschiedene Gründe. Diese sehr kurze Fassung seines Lebens soll nur noch einmal hervorheben, dass Barbarossa militärisch sehr aktiv war. Seine Bedeutung für die Nachwelt wird auch dadurch noch einmal hervorgehoben, dass er einer Legende nach im Kyffhäusergebirge in Thüringen schlafe und irgendwann aufstehen werde, um Deutschland wieder in ein goldenes Zeitalter zu führen.

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Ein guter Ort für ein Nickerchen? Das Kyffhäusergebirge in Thüringen

In die bisherige Darstellung Deutschlands bei Civilization würde er sich mit einem militärischen Bonus deshalb auch gut einreihen. Und siehe da: sein Bonus besteht darin, dass Einheiten einen Stärkebonus im Kampf gegen Stadtstaaten bekommen. Hier hat man einen direkten Bezug aus Barbarossas eigenem Kampf gegen die italienischen Städte gezogen und klug mit dem Spiel verknüpft. Nutzt man diesen Bonus konsequent und versucht, viele Stadtstaaten zu erobern, so wird man von anderen Nationen eher als Kriegstreiber gesehen, was zu weiteren Konflikten führt. Alleine von diesem Bonus bleibt Deutschland seiner Militärtradition in Civilization also treu. Dafür spricht auch ein zusätzlicher Militärpolitik-Slot im neuen Regierungssystem für Deutschland. Ein weiterer Bonus besteht in einem zusätzlichen Stadtbezirk: Im sechsten Teil der Serie kann eine Stadt so viele Bezirke um sich herum haben, wie sie Einwohner hat. Der Bonus der Deutschen lässt aber einen zusätzlichen Bezirk zu, eine Stadt mit Größe 3 kann also 4 Bezirke haben. Auch hier zeigt der Trend weg von vielen kleinen Städten, hin zu weniger großen und gut ausgebauten Städten. Denn zusätzliche Bezirke bringen wenig, wenn in der jeweiligen Stadt keine Erträge produziert werden. Dieses Muster ist ebenfalls bekannt und spiegelt einige Elemente aus den früheren Teilen wieder, vor allem aber das Motto „Klasse statt Masse“. Wenngleich es einem diese saturierte Spielweise sicherlich nicht so streng vorschreibt, wie frühere Boni. Passend zu diesem Bonus gibt es für Deutschland auch einen eigenen Spezialdistrikt: Die Hanse. In Civilization V eingeführt hat sie es also auch in den Nachfolger geschafft. Und die Spielweise unterscheidet sich tatsächlich kaum voneinander. Denn man bekommt auch in diesem Teil einen Produktionsbonus und keinen Wirtschaftsbonus durch den Bau eines Hansedistrikts. Lediglich die Bedingungen sind hier anders: während der Bonus im fünften Teil durch die Menge an Handelswegen bestimmt wurde, ist es hier die Nähe zu Ressourcen oder anderen Distrikten. Wieder scheint man den Deutschen eine erhöhte Produktivität zuschreiben zu wollen, was in Bezug auf die Hanse als Wirtschaftsmacht aber unpassend wirkt. Dies fällt auf, da bis jetzt jedes Spezialgebäude der Deutschen für mehr Produktion sorgte. Nur war das Montagewerk aus Civilization IV das einzig logische Gebäude dafür, mit dem Hansekontor und dem Hansedistrikt würde man eher eine verbesserte Wirtschaft verbinden. Aber für die deutsche Geschichte ist die Hanse wesentlich individueller, als das Montagewerk. Deshalb haben sich die Entwickler wohl so entschieden.

Abschließend bleibt lediglich die Spezialeinheit der Deutschen übrig. Wie schon in allen Teilen zuvor handelt es sich hier um den deutschen Panz… das U-Boot?! Tatsächlich hat es der deutsche Panzer im sechsten Teil nicht in das Spiel geschafft und musste einer neuen Einheit weichen, dem U-Boot, welches einen Stärkebonus beim Kampf in tiefen Gewässer bekommt und relativ günstig produziert werden kann. Immerhin bleibt man mit dieser Spezialeinheit im 20. Jhdt., denn der deutsche Einsatz von U-Booten war in beiden Weltkriegen relativ verbreitet.

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Einsatzbereit: „Barbarossas“ U-Boote

Hierbei ging das Deutsche Reich ziemlich rücksichtslos vor und verkündete mehrfach einen uneingeschränkten U-Boot-Krieg, bei welchem auch neutrale Handelsschiffe Opfer von Angriffen wurden. Von deutscher Seite war man allerdings ziemlich ineffektiv, zwar zerstörte man viele (vor allem) britische Schiffe, aber das Hauptziel, den großen Nachschub aus Amerika zu unterbinden, konnte man nicht erzielen. Herausragend war man eher in der Forschung: Nachdem Deutschland als eine der letzten Nationen erst auf Dringen des damaligen Kaisers Wilhelm II. mit dem Bau von U-Booten anfing, entwickelte man sich im Verlauf des ersten Weltkriegs zu einer führenden Nation. Zwar konnte man mit der Zahl der gegnerischen U-Boote nicht mithalten, aber technisch gesehen waren die deutschen U-Boote auf dem besten Stand. Ob diese Phase jedoch ausreicht, um aus dem U-Boot eine deutsche Spezialeinheit zu machen, muss hinterfragt werden. Denn auch andere Nationen setzten U-Boote ein und im Gegensatz zu den deutschen Panzer, die in der Kombination mit dem Blitzkrieg erfolgreich waren, fehlt so ein Merkmal in der deutschen U-Boot-Geschichte. Spielerisch ist es für Deutschland aber eine nette Abwechslung, eine neue Spezialeinheit auf neuem Terrain zu haben.

 

Insgesamt fügt sich Barbarossa also gut in das bisherige Bild der Deutschen bei Civilization ein: Das Militär steht bei ihm im Vordergrund: Deutschland kriegt mehr Stärke im Kampf gegen Stadtstaaten, eine zusätzliche Militärtradition und hat mit dem U-Boot eine Militäreinheit als Spezialeinheit. Das Hansedistrikt sorgt für mehr Produktion und folgt der Linie der deutschen Spezialgebäude, welche alle die Produktion fördern. Zu guter Letzt sorgt der Bonus mit dem zusätzlichen Distrikt auch für ein Weiterführen einiger alter Civilization-Traditionen Deutschlands: große Stadt mit einer guten Infrastruktur. Dass Aspekte wie Wissenschaft, Religion, Kultur oder Wirtschaft ganz fehlen, verwundert aufgrund der vorherigen Teile kaum. Mit dem Krieg gegen Stadtstaaten und der Hanse hat man zwei historische Beispiele genommen, die in der deutschen Geschichte auch einen gewissen Stellenwert haben. Nicht nur Barbarossa, auch seine Vorgänger und Nachfolger hatten mit den Städten außerhalb des deutschen Gebiets immer zu kämpfen und die Bedeutung der Hanse wurde bereits weiter oben erläutert. Das U-Boot wurde aus deutscher Sicht im 20. Jhdt. zwar oft für den Seekrieg eingesetzt, was aber auch für die anderen Nationen gilt. Eine Art „deutsches U-Boot“ im Vergleich zum deutschen Panzer aus den letzten 3 Teilen hat es eher nicht gegeben. Auch der Bonus des zusätzlichen Distrikts für eine Stadt wirkt weniger historisch begründet. Es scheint eher so, als wenn man das Bild von Deutschland als kleiner, aber produktiver Macht festigen möchte, so wie in einigen vorherigen Teilen der Serie.

Barbarossa fügt sich problemlos in die Liste der deutschen Anführer bei Civilization ein und setzt die von den Entwicklern für Deutschland bestimmten Stärken weiter fort: Militär und Produktion. Man vermittelt dies aber nicht nur über die spielerischen Merkmale, sondern hebt diese Stärken auch außerhalb des Spiels hervor. Im aktuellen Trailer für das Spiel wird erwähnt, dass die Stärken Deutschlands in der Produktion und im Militär liegen. Man kann den Entwicklern deshalb auch vorwerfen, sich nicht groß darum bemüht zu haben, ein anderes Bild von Deutschland zu zeigen. Wenige Ausnahmen (Friedrich der Große in Civilization IV, die Eigenschaft „wissenschaftlich“ in Civilization III) stehen doch immer wieder den gleichen Besonderheiten gegenüber. Passenderweise müsste man auch einen Anführer finden, der solche Werte auch mittragen könnte. Zum Glück ist die deutsche Geschichte recht vielfältig und lang, sodass man bei genauerer Suche jemanden finden könnte. Eventuell wird es mal das Thema eines zukünftigen Blogeintrags sein, alternative Anführer für Deutschland in Civilization zu finden. Aber in näherer Zukunft steht erst Mal etwas anderes an: Civilization VI erscheint am Freitag! Natürlich werde ich es mir nicht entgehen lassen und einige Beiträge dazu schreiben. Aber davor muss es ausgiebig gespielt werden, also werde ich (nur der Arbeit wegen natürlich!) keine Zeit verlieren. An alle anderen, die es ich auch holen: viel Spass! Aber nicht den nächsten Montag vergessen, da geht es noch mit dem letzten Abschnitt zum Technologiebaum aus Civilization V weiter.

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Ab Freitag im Handel: Civilization VI

Ein Gedanke zu “Deutschland in Civilization – Teil 2

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