„Wir wollen mehr Demokratie wagen!“ – unter dieses Motto stellte der neu gewählte Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Oktober 1969 seine Regierungserklärung und legte damit den Grundstein für die 13 Jahre regierende sozialliberale Koalition. Seitdem befindet sich dieser Satz in der Liste der geflügelten Worte und wird immer wieder hervorgebracht, wenn Vertreter verschiedenster Parteien oder Interessensgemeinschaften der Meinung sind, dass es dem Staat an Demokratie fehlt. Knapp 50 Jahre später hat sich so einiges getan und viele Menschen streiten heutzutage wieder darüber, wie genau eine Demokratie richtig funktionieren kann. Abseits der Debatte um Volksabstimmungen, direkte Präsidentenwahlen oder die Rechte von Minderheiten wollen wir heute ebenfalls die Demokratie auf den Prüfstand stellen und zwar in der Civilization-Serie!
Seit dem Erscheinen des ersten Teils im Jahr 1991 hat auch die Demokratie immer den Weg ins Spiel gefunden, sei es als Technologie oder Staatsform. Insofern gibt es also einen langen Zeitraum, in welchem wir uns anschauen werden, wie die jeweiligen Spiele Demokratie in das Spielsystem integrieren, welcher demokratischer Elemente sie sich bedienen (und welcher nicht!) und ob sie im Endeffekt wirklich für ein „demokratischeres“ Spielerlebnis sorgt. Es gibt viel zu tun, also ran an die Arbeit und viel Spass beim Lesen! An dieser Stelle noch ein herzliches Dankeschön an Pascal von https://languageatplay.de/ , welcher mich in einer Diskussion auf Twitter erst auf die Idee zu diesem Beitrag gebracht hat. 🙂
Aller Anfang ist früh
Wer im Schulunterricht aufgepasst hat, wird sich bei der Frage nach der ersten Demokratie sicherlich gleich an die alten Griechen erinnern: Die attische Demokratie des fünften Jahrhunderts v. Chr. wird allgemein hin als erste demokratische Ordnung angesehen. Nach einem größeren Zwist zwischen dem herrschenden Adel und der einfachen Bevölkerung einigte man sich schließlich auf ein Konzept, welches allen Vollbürgern Athens das Recht gab, Politik mitzubestimmen. Dies klingt für unsere Ohren erstmal ziemlich modern, doch der Begriff „Vollbürger“ deutet schon an, dass hier einige Bürger „gleicher als andere“ sind: Nicht zu diesen Vollbürgern gehörten deshalb Männer unter 30 (Frauen waren dabei generell ausgeschlossen), Sklaven und Zugezogene. Am Ende blieben somit nur gut 10% der Bevölkerung übrig, aber der Grundstein für folgende Demokratien war gelegt. Folgen wir nun der Logik der „alten Griechen“ als Urväter der Demokratie, sollten wir diese als Technologie auch eher am Anfang des Technologiebaums finden, oder? Tatsächlich sortiert Civilization I als erster Teil der Serie die Demokratie auch relativ früh ein: Voraussetzung sind die Technologien Philosophie und Literatur, welche ebenfalls früh erforscht werden können. So weit, so gut. Aber entscheidend ist ja auf’m Platz und deshalb schauen wir nun, welche Effekte die Demokratie dem Spieler bringt: Sobald die Technologie erforscht wurde, ist es dem Spieler möglich, sie als Staatsform anzunehmen. Damit reiht sie sich in eine exklusive Reihe ein, in welcher man auch folgende andere „Staatsformen“ findet: Anarchie, Kommunismus, Despotismus, Monarchie, Republik.

Die Demokratie stellt sich durch ihre Effekte hier als eine eher „friedliche“ Staatsform dar: So erzeugt jede Militäreinheit außerhalb einer eigenen Stadt zwei Einheiten „Unzufriedenheit“ und ein demokratischer Staat kann keinen Krieg erklären, muss dafür aber jegliche Friedenserklärung annehmen (sofern Verhandlungen darüber aufgenommen wurden). Man stelle sich mal vor, dazu wären die demokratischen Gegner Hitlers im zweiten Weltkrieg ebenfalls verpflichtet gewesen. Auf der positiven Seite bekommen demokratische Staaten dafür eine zusätzliche Einheit „Handel“ für jedes Feld, auf welchem bereits eine Einheit dieses Rohstoffs vorhanden ist und es gibt keine Korruption. Alle Städte bekommen ihre vollen Einnahmen also auch ohne Verluste gutgeschrieben. Ein Bonus, welchen das heutige Griechenland auch gut gebrauchen könnte! Wie auch immer: Die Demokratie in Civilization I ist eine klar zivile Staatsform, welche das Bild eines gut wirtschaftenden und effektiven Staates schafft, in welchem das Volk keine Lust auf Krieg und Militär hat. Effektivität und Wohlstand prägen die Demokratie und diese könnte damit auch gut einer Beschreibung der freien Marktwirtschaft entstammen. Tatsächlich fallen andere demokratische Werte wie Meinungsfreiheit, politische Mitbestimmung oder auch die Gewaltenteilung hier komplett unter den Tisch. Mit der Übernahme der Demokratie endet die „fast unbegrenzte“ Macht des Spielers nicht: Er kann weiterhin walten und schalten wie er möchte, lediglich bei den Friedensverhandlungen ist er gezwungen, diese zu akzeptieren. Aber auch das lässt sich mit dem einfachen Trick umgehen, mit sich im Krieg befindlichen Staaten einfach keine Verhandlungen anzufangen. Insofern stellt sich die Demokratie in ersten Teil der Civilization-Serie eher als wirtschaftlich nutzbare Staatsform heraus, die aber wesentliche Elemente einer demokratischen Gesellschaft komplett ignoriert.
Verstärkt wird dieser Eindruck auch dadurch, dass das Spiel selbst hervorhebt, wie eng die Demokratie und wirtschaftlicher Erfolg zusammenhängen. So heißt es bspw. in der spieleigenen Civilopädie:
Democracy made possible unprecedented personal and economic freedom,
and the world’s strongest economies to date.
Auf das Jahr 1991 bezogen mag dieser Satz wie ein nachträgliches Stechen der amerikanischen Entwickler über den „sowejtischen Kommunismus“ wirken, doch schauen wir uns heutige Prognosen an, finden wir mit China meistens einen sehr autoritären Staat auf Platz 1 der größten Wirtschaftsmächte. Rein historisch wird hier aber ein Bild vermittelt, welches frisch aus einem Parteiprogramm der FDP stammen könnte: Demokratie bedeutet freier Markt und der bedeutet Wohlstand für alle.
America First, Democracy second
Da funktionierende Sachen meistens beibehalten werden, ändert sich am Konzept der Demokratie in den nachfolgenden Teilen erstmal wenig. Die Teile II und III funktionieren dabei nach dem gleichen Muster: Nachdem die Technologie „Demokratie“ entwickelt wurde, kann sie dann als ganzes Regierungssystem verwendet werden. Lediglich neue „Gegner“ kommen dazu, so etabliert der zweite Teil den Fundamentalismus und Civilization III den Faschismus und den Feudalismus als weitere Regierungsformen. Die Boni und Mali bleiben aber prinzipiell dieselben: wenige bis keine Korruption, mehr Handel (Civ II) bzw. schnellere Bautrupps (Civ III), dafür aber hohe Militärkosten und eine starke Kriegsverdrossenheit. Civilization III führt zusätzlich eine Methode ein, mit welcher Produktion in einer Stadt durch „Zahlungen an die Bürger“ gekauft werden kann. Ein interessantes Modell, wenn man bedenkt, dass es in einer Demokratie doch eigentlich keine Korruption geben soll. Doch mit dem richtigen Geldbeutel kann der Herrscher seine Bauprojekte dann doch beschleunigen. Katar 2022 lässt grüßen. Abgesehen von den Boni bleibt die Demokratie auch in diesen Teilen lediglich eine Regierungsform, die der Spieler als wirtschaftlich bedeutend, aber in keinster Weise als „demokratisch“ wahrnimmt. Die „aufgedrückte“ Demokratie gibt den Bürgern kein Mitspracherecht am Spiel, sondern lässt den Staat nur produktiver werden. Weiterhin dient sie als Positivbeispiel für einen friedlichen und zivilisierten Staat, während auf der anderen Seite mit Faschismus oder Kommunismus Staatsformen ohne Kriegsverdrossenheit, dafür aber mit Zwangsarbeit stehen. Civilization II und III transportieren hier das Bild des Kalten Krieges mit diesen starren Gegensätzen genauso wie sein Vorgänger.
Erst mit dem vierten Teil sollte sich das System ein wenig ändern: Hier gab es nun keine festen Staatsformen mehr, sondern einen „Regierungsbaukasten“, in welchem man in fünf verschiedenen Kategorien aus wiederum fünf unterschiedlichen Staatsformen auswählen konnte. Sobald hier die Technologie „Demokratie“ erforscht wurde, erhielt man nun zwei Staatsformen, die man in seine Regierung einfügen konnte: Das „Allgemeine Wahlrecht“ beim Staatsformtyp „Regierung“ und die „Emanzipation“ beim Staatsformtyp „Arbeit“. Ohne jetzt weiter darauf einzugehen, wie sinnvoll diese Einteilungen in verschiedene Typen sind, bekommt der Spieler hier aber schon mal zwei zur Demokratie passende Eigenschaften übermittelt: Denn ein allgemeines Wahlrecht und eine emanzipatorische Gesellschaft sind feste Bestandteile einer (modernen) Demokratie. Doch bringen diese Eigenschaften abseits des Namens irgendwelche demokratischen Elemente ins Spiel? Auch hier muss dies wieder verneint werden: Sie erhöhen lediglich die Produktion (Allgemeines Wahlrecht), bzw. das Wachstum von Dörfern (Emanzipation) und haben mittlere bis niedrige Unterhaltskosten. Alter Wein in neuen Schläuchen.

Civilization V verzichtete am Ende ganz auf die Demokratie als eigene Staatsform oder Technologie. Fand sie sich zuerst als eine auswählbare Politik in der Sozialpolitik „Freiheit“ wieder, verschwand sie mit dem letzten Addon schließlich ganz, nachdem Freiheit, Ordnung und Autokratie als eigenständige Ideologien bestimmte Sozialpolitiken ersetzten. Lediglich in der Ideologie „Freiheit“ findet sich mit dem „Arsenal der Demokratie“ eine Politik, die ausgerechnet militärische Vorteile bringt. Da wurde der Begriff „wehrhafte Demokratie“ wohl wörtlich genommen. Abgesehen von der fehlenden Bezeichnung beinhaltet die Freiheit als Ideologie viele Elemente einer demokratischen Gesellschaft: Das Allgemeine Wahlrecht findet man dort, ebenso wie eine Medienkultur oder die Zivilgesellschaft. Aber: ebenso finden sich dort auch Kapitalismus, oder feststehende Begriffe wie der New Deal, eine Wirtschafts- und Sozialreform Franklin Roosevelts, oder „Their Finest Hour“, der Titel einer berühmten Rede Winston Churchills innerhalb des zweiten Weltkrieges. Hier gibt es nun sehr direkte Bezüge zum westlich-amerikanischen Bild von Freiheit und Demokratie. Es wird deutlich, dass die Serie Demokratie nicht wirklich als eigene Staatsform, sondern immer nur als Gegensatz zu autoritären oder sozialistischen Systemen präsentiert.
Civilization VI folgt diesem Bild, indem es Demokratie direkt als eine von drei auswählbaren (modernen) Staatsformen präsentiert, die anderen beiden sind dabei (Achtung Überraschung: Faschismus und Kommunismus). Auch die Boni auf Produktion, sowie die Konzentration auf wirtschaftliche und diplomatische Politiken orientieren sich am Bild der Vorgänger. Eine Besonderheit des sechsten Teils ist es, dass die unterschiedlichen Politiken in drei Kategorien aufgeteilt sind und jede Staatsform für jede Kategorie eine bestimmte Anzahl an Plätzen bereithält: Eine Demokratie beinhaltet also eine militärische, drei wirtschaftliche, zwei diplomatische und zwei „offene“ Politiken. Welche der Spieler dort aussucht, bleibt ihm überlassen. Im Endeffekt kann somit auch eine Demokratie entstehen, die „Polizeistaat“, „Propaganda“ oder „Kollektivierung“ als Grundsätze hat. Spielerisch ist es natürlich sinnvoller, sich auf die Stärken der jeweiligen Staatsformen zu konzentrieren, weshalb Spieler in einer Demokratie auch eher auf die „alten“ Karten wie den New Deal oder den Dreieckshandel zurückgreifen werden. Dennoch bietet sich hier in einem gewissen Maß die Möglichkeit, seine Demokratie „selbst zu gestalten“. Auch wenn es am Ende immer nur ein Abwägen der Vorteile ist und der Spieler je nach Bedarf relativ schnell von einer Demokratie zum Faschismus (und zurück) wechseln kann. Also bleibt sie auch hier am Ende nicht mehr als eine Worthülse, die es dem Spieler ermöglicht, mehr Geld und Produktion zu bekommen. Von Partizipation, Emanzipation etc. bekommt der Spieler nichts zu spüren.

Der demokratische Endsieg?
Abseits von den innerstaatlichen Möglichkeiten der Demokratie hatten Civilization III, IV und V sogar eine demokratische Siegesbedingung: den Diplomatieisieg. Sofern es einem Spieler hier gelang, in den vereinten Nationen eine einfache Mehrheit für diese Siegesform zu erringen, gewann er damit die Partie. Dabei spielten unterschiedliche Faktoren eine Rolle: Besitzen im dritten Teil noch alle teilnehmenden Nationen eine Stimme, so teilt sich das Stimmrecht im vierten Teil nach der „Größe der Bevölkerung“ auf: Große Staaten haben also weitaus mehr Einfluss als kleine Staaten. Im fünften Teil kommen dann noch Stadtstaaten als stimmberechtigte Mitglieder dazu.
So demokratisch diese Siegbedingung auf den ersten Blick klingt, so problematisch führt sie unweigerlich zu Ereignissen, die man ungerne mit einer Demokratie in Verbindung bringt: Stadtstaaten müssen teuer mit Gold erkauft werden: Getreu dem Motto: Wer am meisten bietet, bekommt meine Stimme. Auch werden andere Spieler den Teufel tun, ein Spiel dadurch zu verlieren, dass sie jemanden aktiv zum Sieger wählen. Mag die KI noch so programmiert sein, dass sie dieses Szenario unter bestimmten Bedingungen erfüllt, wird man in Multiplayerspielen kaum mit menschlichen Stimmen diesen Sieg erreichen. Der einzige Weg führt zu militärischen Eroberungen und entweder einem völligen Besiegen eines „stimmberechtigten Partners“ oder einem erzwungenem Vasallenstatus. Man stelle sich mal vor, die USA würden heute in Russland einmarschieren, um sich damit deren Stimme bei den Vereinten Nationen zu sichern…
Sicherlich bieten die Vereinten Nationen auch die Möglichkeit, über andere Aspekte wie das Sperren von Atomwaffen oder Handelsembargoes abzustimmen, doch am Ende geht es natürlich darum, wer eine Partie Civilization gewinnt. Und bei diesem Narrativ enden die „demokratischen“ Wahlen meistens in Stimmenkauf und Krieg. Dies war den Entwicklern wohl auch bewusst, als sie diese Möglichkeit des Sieges aus dem sechsten Teil erstmal entfernten. Der „demokratische Sieg“ eignete sich einfach nicht für das (momentan) in Civilization erzählte Bild.

Mehr Demokratie wagen! – Aber wie?
Schlussendlich lässt sich die Demokratie in der Civilization-Reihe nicht wirklich als politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat beschreiben, wie es der Duden tut. Sie entspricht eher den feuchten Träumen eines amerikanischen Politikers, der die Demokratie als Gegenspieler von autoritären und sozialistischen Systemen sieht. Markenkern ist dabei nicht die liberale Gesellschaft oder Prinzipien wie Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit, sondern der freie Markt. Seit dem ersten Teil leitet sich von der Demokratie auch immer der „freie Markt“ ab, der sich dann in den meisten Fällen als Bonus in Form von zusätzlichem Gold oder Produktion im Spiel wiederfindet. Vereinzelt finden sich verschiedene Elemente wie das allgemeine Wahlrecht in direkter Verbindung zur Demokratie wieder, aber diese sind meistens nicht mit mehr Zufriedenheit oder ähnlichen Boni verknüpft, sondern mit wirtschaftlichen. Civilization VI treibt es dann auf den Höhepunkt, indem Demokratien mit Polizeistaat und Propaganda entstehen können. Müsste Kim Jong-un seine Herrschaft über Civilization VI legitimieren, er hätte kein Problem.
Für den Spieler ändert sich in einer Demokratie übrigens nichts: er bleibt nach wie vor der Alleinherrscher und entscheidet alleine über alle wichtigen Entscheidungen. Lediglich durch den diplomatischen Einfluss in den ersten beiden Teilen musste er jegliche Friedensverhandlungen annehmen (sofern er sie vorher akzeptiert hatte). Auch die erhöhte Kriegsmüdigkeit kann dahingehend gedeutet werden, dass das Volk seinem Herrscher mitteilt, dass es in Frieden leben möchte. Ansonsten macht die „aufgedrückte“ Demokratie aber keinen Unterschied zum Faschismus oder zur Monarchie. Was sicherlich auch bewusst ist: Das Geschichtsbild des „großen Staatsmannes“ lässt sich so besser aufrechterhalten, wenn der Spieler wie sein historisches Alter Ego „alleine“ entscheiden kann, was das beste für sein Volk ist. Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, mehr Demokratie ins Spiel einzubauen, sodass sich der Spieler auch damit auseinandersetzen muss, dass „sein Volk“ nun ein Mitspracherecht hat.
Die einfachste wäre, dass der Spieler nach der Wahl der Demokratie als Staatsform auch unregelmäßig Entscheidungen von „seinen Bürgern“ einbeziehen muss. Sei es, dass sich eine Stadt gerne eine Universität, anstatt einer Kaserne wünscht. Oder dass die neue Stadt zwei Felder weiter im Süden gebaut werden sollte. Setzt sich der Spieler über solche Entscheidungen hinweg, kippt die Stimmung einer demokratischen Gesellschaft und die Chancen auf Aufstände steigen, die Produktivität sinkt. Der Spieler wäre also wirklich damit konfrontiert, mit seinem Volk zu spielen, anstatt es wie nach der Logik von „Human Resources“ nur effektiv einzusetzen. Dasselbe könnte man mit Wahlen erreichen, die nach einer festgelegten Rundenzahl stattfinden: Der Spieler muss sich wie in einer wahren Demokratie seine Herrschaft vom Volk legitimieren lassen. Sollte dieses mit seiner Herrschaft nicht zufrieden sein, übernimmt eine andere Partei die Macht. Ein Prinzip, dass andere Strategiespielserien wie bspw. Tropico schon kennen. Paradoxerweise schafft es ein Spiel, welches korrupte Bananenrepubliken simuliert, damit demokratischer als die Civilization-Serie zu sein. Zwar ist es für den Spieler „nervig“, wenn er dann nicht mehr nach Belieben schalten und walten kann, aber genau das ist doch das Prinzip einer demokratischen Gesellschaft und unterscheidet sie bspw. vom Faschismus. Natürlich müsste man den Spieler auch in der Spiellogik entsprechend belohnen, wenn er sich dazu entschließt, Macht an das (computergesteuerte) Volk abzugeben. Aber das sollte aufgrund der vielen Möglichkeiten von Civilization möglich sein.

Ein anderes Beispiel für ein demokratisches Civilization fand im Rahmen eines Projekts aus dem Jahr 2016 statt: Über Reddit organisierten sich 600 Spieler von Civilization V in einem Thread, um gemeinsam eine Nation (in diesem Fall England) zu spielen. Dies geschieht über verschiedene Parteien, die alle unterschiedliche Interessen verfolgen, wie genau man England denn nun spielen sollte. Mehr dazu gibt es hier in einem passenden Artikel auf Gamestar.de. Auch hier zeigt sich eine Möglichkeit, wie man die Demokratie im Spiel auch als solche spürbar machen könnte.
Im Endeffekt sollten sich die Entwickler von Civilization VII (wann auch immer es erscheinen möge) also genau überlegen, ob sie die Demokratie lediglich als wirtschaftsfördernde Worthülse im Spiel verwenden wollen. Denn es bieten sich genügend Spielräume, um durch kleinere oder größere Elemente die Demokratie mit ihren Kernelementen im Spiel sichtbar zu machen. Ganz im Sinne Willy Brandts müssen sich die Entwickler dazu aber auch trauen, den ersten Schritt zu machen und es wagen, im Spiel selbst „mehr Demokratie zu wagen“.
Ein Gedanke zu “„Mehr Demokratie wagen!“ – Die Demokratie und ihr Bild in der Civilization-Serie”