Spielfilme, Bücher, Comics, Fernsehdokus oder zahlreiche Spiegelcover – Wenn es um Hitler geht, sind die meisten Medien immer hellwach. Aus verschiedenen Gründen ist der Diktator immer wieder ein gern aufgegriffenes Thema und sorgt damit für gute Quoten bzw. Auflagen. 1983 konnte der Kunstfälscher Konrad Kujau mit selbst hergestellten „Hitler-Tagebüchern“ die ganze Sternredaktion hinters Licht führen, obwohl es einige offensichtliche Fehler gab. So wurde bspw. aus den Initialen A.H. plötzlich F.H. Geworden: man hielt es für „Führer Hitler“. Solche und andere Fakten ignorierte man aber, weil der Wunsch nach dieser Story wohl zu groß war. Hitlers „Anziehungskraft“ gilt aber nicht nur für Deutschland, auch im Ausland wird Hitler und das Deutsche Reich von 1933 bis 1945 gerne als Thema herangezogen, was sich momentan auch am Erfolg der Amazon-Serie „Man in the high castle“ zeigt, in welcher die Nazis zusammen mit den Japanern den zweiten Weltkrieg gewinnen konnten und Hitler nach wie vor regiert.
Weniger populär ist Hitler dagegen im Bereich der Videospiele: Die Wolfenstein-Serie, in welcher Hitler als Endboss getötet werden muss, bietet da eher eine Ausnahme. Rechtlich gesehen gibt es in Deutschland nämlich ein Problem, denn viele Symbole der NS-Zeit dürfen außerhalb der Kunst nicht verwendet werden.

Weil die Frage, inwiefern Videospiele Kunst sind, auch hier sehr streitbar ist, greift man dieses Problem meistens gar nicht auf und ersetzt alle möglichen Symbole in der deutschen Version, sodass sie immerhin ähnlich aussehen. Bevor man es bei einem Spiel auf einen jahrelangen Rechtsstreit ankommen lässt, verzichtet man lieber auf die historische Genauigkeit. Auch für die Civilization-Reihe würde dieses Problem enstehen, sofern man Hitler als Anführer in das Spiel einbringen würde. Neben der ganzen Problematik mit der Symbolik wäre es eh fraglich, wie ein Spiel aufgenommen werden würde, in welchem man einen der größten Mörder der Weltgeschichte spielen könnte. Auch unter Civilization-Fans ist das ein sehr diskutiertes Thema, viele Modder (siehe Beitragsbild, hier gibt es mehr dazu) haben ihn schon nachträglich ins Spiel eingefügt. Deshalb stellt sich generell die Frage, ob man Hitler „offiziell“ in einem Spiel wie Civilization auftauchen lassen sollte oder nicht. Würde er sich in die bisherige Reihe der Anführer einreihen? Dieser Frage möchte ich im heutigen Blogbeitrag nachgehen, wie immer wünsche ich dabei viel Spass beim Lesen!
Alexander – Victoria – Hitler?
Die wohl größte Folge, Hitler als Anführer in Civilization auftauchen zu lassen, wäre die Anerkennung als großer Anführer „seiner“ Nation. Die Entwickler würden ihn auf eine Stufe mit Leuten wie Alexander dem Großen stellen, der seiner Nation große Dienste erwiesen hat. Hier müsste man prüfen, ob Hitler dieser Einreihung gerecht wird. Und da fängt es schon an: Die Folge von Hitlers Regierung war ein komplett zerstörtes Deutschland. Während Alexander der Große bei seinem Tode fast die gesamte Welt erobert hatte oder Victoria England sicher ins zwanzigste Jahrhundert führte, bleibt von Hitler als Andenken nur die Niederlage. Seine ganze politische Konzentration galt nicht dem Erhalt des Staates, sondern Wahnvorstellungen von Eroberungen und ethnischen Säuberungen. Auch andere Herrscher mögen ihre Regierungszeiten mit einer Niederlage beendet haben (Napoleon bspw.), aber das war nur eine Niederlage neben zahlreichen positiven Erfolgen für das Land (die natürlich schlecht platziert ist). Dazu wurde die gesamte Aufrüstung auch nur auf Pump vorangetrieben, der Kriegsbeginn musste irgendwann kommen, weil es dem Deutschen Reich einfach an weiteren Geldern fehlte, die man durch das Erobern kompensieren musste. Hitlers Politik steht in keinem wirklichen Verhältnis zu den Leistungen der anderen Anführer von Civilization und würde es in ein merkwürdiges Licht rücken, jemand ohne großen Erfolg auf diese „Stufe“ zu erheben.
Wobei man anmerken kann, dass mit Mao und Stalin zwei ebenfalls höchst bedenkliche Anführer in der Civilization-Reihe vorhanden waren. Aber als der erste Teil 1989 erschien, gab es die Sowjetunion noch und seit der Gründung 1922 hatte es nicht wirklich viele Anführer gegeben. Und als Teil der Siegermächte des zweiten Weltkriegs war es für die amerikanischen Entwickler wohl weniger schwerwiegend, Stalin in das Spiel einzubringen. Ebenso sieht es bei der Volksrepublik China aus, welche noch jünger war: 1949 gegründet kannte man dort nur eine große Persönlichkeit: Mao Zedong. Daran orientiert holte man sie in späteren Teilen (bis zu Civ 4) ab und an zurück, wobei man sich auch öffnete und die Geschichten Russlands und Chinas auch weiter in die Vergangenheit zog. Bei Deutschland gibt es diese „Neugründung“ nicht. Formell gesehen war das Reich ab 1933 dasselbe, welches von Bismarck 1871 mitgegründet wurde. Deshalb gibt es dieses Schlupfloch für die Entwickler hier nicht, um die moralische Frage zumindest teilweise umgehen zu können. Zumal das Spiel sich auf die historische Betrachtung der Anführer in ihrem Heimatland konzentriert und dort werden Mao und Stalin weitaus weniger kritisch gesehen, als Hitler bei uns.

Hitler ein würdiger Deutscher?
Neben der Frage, ob es Hitler verdient hätte, neben anderen ausländischen Persönlichkeiten aufzutauchen, muss man auch gucken, wen man aus deutscher Sicht dafür weglassen müsste. Denn durch die lange Geschichte Deutschlands gibt es natürlich noch viele andere Persönlichkeiten, die hier genannt werden müssen. Darunter fallen auch die bereits im Spiel vorhandenen Anführer: Otto von Bismarck, Friedrich II., Barbarossa etc.. In einem anderen Blogartikel habe ich bereits fünf Personen genannt, welche bisher noch nicht Anführer Deutschlands waren, aber es noch werden könnten (Wer ihn noch nicht gelesen hat: Hier nachholen). Und für diese 5 gilt dasselbe, wie für die bereits im Spiel vorhandenen Anführer: All diese Persönlichkeiten haben länger regiert und das Land weitaus langfristiger (und positiver!) geprägt, als Hitler. Am deutlichsten sieht man das wohl beim Vergleich mit Bismarck: Während dieser das Deutsche Reich formte, außenpolitisch zu etablieren versuchte, nicht weiter auf Expansion setzte und es durch Reformen stabilisieren wollte, machte Hitler diese ganze Arbeit zunichte. Kein Historiker (oder generell klar denkende Mensch) würde deshalb auf die Idee kommen, die beiden Leistungen als ebenbürtig zu bezeichnen. Und selbst danach könnte man noch weitere Anführer finden, die auf lange Sicht mehr für Deutschland getan haben. Natürlich sind nur wenige von Ihnen so populär wie der NS-Diktator, aber das liegt an der zentralen Rolle Hitlers als „Oberschurke“ in einem Krieg, der die ganze Welt in Atem hielt. Mit kaum einem wird der Mythos des Bösen so sehr definiert, wie mit Hitler. Und das vollkommen zurecht. Wenn man so eine Person nun Deutschland repräsentieren lassen würde, hätte man damit gleich eine negative Konnexion geschaffen und das ist kein lobenswertes Ziel für ein Videospiel. Vor allem nicht für eins, welches sich auch noch gut verkaufen möchte. Dabei müsste man sich auch die Frage nach den „Boni“ eines Deutschlands unter Hitler stellen und in der Folge müsste das Spiel etwas hitlerbezogenes als positiv hervorheben.
Die Moral von der Geschicht…
Hitler ist also weder national, noch international eine Persönlichkeit, die es durch ihre Leistungen verdient gehabt hätte, im Spiel aufzutauchen. Ein weiterer Aspekt, den man auch hinterfragen muss, ist die Moral. Über Videospiele kann herzhaft viel diskutiert werden, was das ethische Bewerten von Handlungen angeht: In der politischen Debatte wird oft auf die Gefahr von „Killerspielen“ verwiesen und hinterfragt, ob das Töten dort moralisch richtig sei. Wenngleich diese Diskussion eher unsinnig ist (und oft nur populistisch geführt wird), bleibt die Frage berechtigt, ob es moralisch richtig ist, aktiv als Hitler in einem Spiel Erfolg zu haben. Gerade in der Geschichte ist das ein heikles Thema, denn in gewisser Weise sind die meisten großen historischen Personen dadurch berühmt geworden, andere Länder zu erobern und anderen ihre Heimat zu rauben. Kriege und Eroberungen haben aber eine historische Entwicklung durchzogen und hatten in der Antike ein anderes Gewicht, als heute. Während Kriege dort ein „normales“ diplomatisches Mittel waren, um außenpolitische Ziele durchzusetzen, hat sich diese Sichtweise spätestens im 19. Jhdt. geändert. Durch das „Zusammenwachsen der Welt“ (vor allem Europas) entstand ein anderes Verständnis von Abkommen und Frieden auf dem Kontinent, welchen die meisten Staaten auch wahren wollten. Gerade nach dem ersten Weltkrieg war kein Staat wirklich daran interessiert, einen neuen Krieg aufkommen zu lassen, Gemeinschaften wie der Völkerbund sind gegründet wurden, um das Miteinander zu prägen. Hitler war sich all dessen bewusst, hat aber völlig irrational einen Krieg herbeigesehnt und am Ende auch bekommen. Aus diesem Grund sind Hitlers Eroberungskriege in einem anderen Licht zu sehen, als diese der antiken Feldherren. Aber auch abseits der Kriege ist ein Einbringen Hitlers höchst fraglich. Denn wir haben hier immer noch eine Person, die eine ganze Volksgruppe nur aus ideologischem Wahn ausgerottet hat, die Andersdenkende verfolgen und umbringen lies und die rein gar nichts von Demokratie und Pluralismus gehalten hat. Darüber kann auch ein Spiel eigentlich nicht wegsehen. Man müsste sich nur mal vorstellen, wie die Einleitungstexte beim Ladebildschirm anfangen würden: „Oh großer Führer, der das zerstrittene Deutschland wieder zusammengeführt und zu einer militärischen Großmacht gemacht hat?“ Das ist nicht nur historisch heikel, sondern würde alleine beim Lesen einen faden Nachgeschmack bereiten.
Am Ende dürfte deutlich geworden sein, wie ich zu dem Thema stehe: Hitler sollte niemals in einem Civilization-Teil erscheinen. Das liegt aber nicht nur an der moralischen Frage, sondern auch daran, dass er sich durch seine historische Leistung schlichtweg nicht verdient hat, wenn man sich andere deutsche Staats- oder Regierungsoberhäupter anschaut. Die Leistung, ein großes Land zur totalen Vernichtung geführt zu haben, widerspricht der ganzen Logik der Anführer bei Civilization. Auch seine Popularität rechtfertigt die Aufnahme nicht. Sicherlich gibt es mit Mao oder Stalin andere zweifelhafte Persönlichkeiten in der Spielgeschichte, aber nach dem vierten Teil hat man auf historisch streitbare Personen verzichtet. Mao könnte sogar seinen Teil dazu beigetragen haben: Denn nachdem bekannt wurde, dass Mao in Civilization IV auftauchen würde, wurde das Spiel in China untersagt. Erst als er ersetzt wurde, durfte es wieder erscheinen. Man hatte wohl Angst, dass Chinesen auf die Idee kommen könnten, dem großen Anführer im Spiel den Krieg zu erklären…

Du hast da einen Kleinen Fehler in Absatz fünf
„welches von Bismarck 1971 mitgegründet wurde“
ich glaube da müsste eigentlich 1871 stehen
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Hups, da wäre der gute 156 Jahre alt gewesen. 😀 Danke für den Hinweis, wird gleich ausgebessert 🙂
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