Einmal sein eigener Burgherr sein! In nahezu jeder Region in Deutschland hat man genügend Burgen aus dem Mittelalter, welche man meistens auch noch besichtigen kann. Und wer einmal eine Burg mit ihren riesigen Mauerwerken, hochragenden Türmen, meistens an malerischen Orten wie Flüssen oder Bergen gelegen, kann diesen Wunsch wohl gut nachvollziehen.

Für Videospieler sollte dies lange Zeit ein Wunsch bleiben, bis im Jahr 2001 der englische Spieleentwickler Firefly Studios Stronghold präsentierte. Für den virtuellen Burgherren gab es hier alles, was das Herz begehrte: Türme und Mauern, Burggräben und Bergfriede. Die auch in anderen Aspekten gute spielerische Umsetzung brachte dem Spiel gute Noten in der Fachpresse und bescherte der Serie einige Nachfolger (welche bis auf den direkten Nachfolger weniger gut bewertet wurden). Und auch wenn das Burgleben gerne ein wenig romantisch verklärt dargestellt wird, hat das Spiel auch die ganzen Probleme für den Burgherren eingebaut: Belagerungen. In zahlreichen Missionen machten sich Feinde daran, die eigene Burg zu erobern. Hier war es nun wichtig, die Burg gut zu planen und so gegen Feinde erfolgreich verteidigen zu können. Und wer einen Perpsektivwechsel wollte, konnte sich selbst als Angreifer versuchen. Planung der Burg und die richtige Platzierung bestimmter Elemente war also Grundlage für den Erfolg im Spiel. Da es nun genügend historische Vorbilder für Burgen gibt, würde es sich lohnen, einen Blick darauf zu werfen, inwiefern man sich spielerisch an den historischen Vorbildern orientiert hat: Welche Burgelemente haben es ins Spiel geschafft und welche nicht? Gibt es einen spielerischen Unterschied zwischen einzelnen Elementen? Orientiert man sich sogar an historischen Entwicklungen? Diese und ähnliche Fragen sind nun das Thema im heutigen Blogeintrag, wie immer wünsche ich euch viel Spass beim Lesen! Und nun heißt es „Zugbrücke runter“ und auf geht es in den Text…
Grundsteinlegung
Die meisten Partien Stronghold beginnen mit der Aufforderung, einen Bergfried zu platzieren. Der Bergfried wird somit als Zentrum der Burg dargestellt, auch sieht man nach seinem Platzieren den Burgherren auf diesem marschieren. In echt kam der Bergfried bei mittelalterlichen Burgen um das Jahr 1200 auf. Hierbei gibt es allerdings eine klare Unterscheidung zwischen einem Wohnturm, dem Donjon [aus dem Französischen] und einem unbewohnten Wehrturm, dem Bergfried. Ein Donjon diente dem Burgherren als Wohnsitz, während beim Bergfried auf die Wohneigenschaft verzichtet wurde, um die Verteidigung weiter stärken zu können. Anstatt Betten und anderen Luxusgegenständen hatte dieser dickere Wände oder mehr Verteidigungsanlagen. Und der Burgherr hatte als Ersatz für den Wohnturm ein unbefestigtes Gebäude errichten lassen: Den Palas. Dieser und das Donjon sind im Spiel jedoch nicht vorhanden. Das Zentrum wird immer als Bergfried wiedergegeben, auch wenn nicht gleich deutlich wird, ob dieser jetzt als Wehrturm oder Wohnturm gedacht ist.
Daher gucken wir nun einmal genauer hin, welche unterschiedlichen Formen des Bergfrieds es im Spiel gibt. Je nach Mission können dies bis zu 5 unterschiedliche Varianten sein: das sächsische Haus, der hölzerne Bergfried, der steinerne Bergfried, die Festung und das Bollwerk.

Hierbei haben die ersten beiden Bergfriede Holzwände, bei den anderen sind es solche aus Stein. Generell waren die ersten Burgen, die gebaut wurden, meistens aus Holz. Solche Burgen waren meistens schneller und einfacher zu bauen, als die späteren Burgern aus Stein, hatten aber einen gewaltigen Nachteil: Belagerungswaffen wie Rammböcke oder Steinschleudern konnten sie schnell niederreißen. Dazu konnte schon ein kleines Feuer das Ende der ganzen Burg sein. Deshalb ging man spätestens im Hochmittelalter endgültig dazu über, Burgen (und deren Bergfriede) aus Stein zu bauen. Die im Spiel präsentierte Reihenfolge vom Übergang eines hölzernen Bergfrieds zu einem steinernen Bergfried ist also korrekt. Mit den Bezeichnungen ist es ein wenig anders: das sächsische Haus als „schwächster“ Bergfried soll wohl den Begriff „Motte“ umschreiben, welcher für die ersten aus Holz errichteten Burgtypen gilt. Dafür sind Bollwerk und Festung am Ende der Stufe eigentlich synonym zu gebrauchen, hier unterscheiden sie sich aber. Wobei man erwähnen kann, dass sich die beiden (optisch und spielerisch) nicht so groß voneinander unterscheiden. Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Wahl der Bergfriedes keine Auswirkung auf die weiteren Befestigungsanlagen hat: mit einem steinernen Bergfried kann man ebenso Holzwälle bauen, wie andersherum.Spielerisch hat der Bergfried nun mehrere Funktionen: zum einen verliert man das Spiel, sobald er zerstört wurde. Jedes andere Gebäude im Spiel ist entbehrlich, der Bergfried nicht. Dazu gilt, wie am Anfang beschrieben, dass er auch immer das erste Gebäude in einer Partie sein muss, sofern er nicht schon steht. Die weiteren Menüs aktivieren sich immer erst, wenn irgendwo auf der Karte ein Bergfried steht. Weiterhin kann man auf dem Bergfried Fernkampfeinheiten platzieren, diese bekommen einen Bonus für ihre Reichweite, was eher für einen Bergfried, als für ein Donjon spricht.
Eine andere Frage lautet: wo platziert man den Bergfried am besten? Wenn man davon ausgeht, dass bei einer Zerstörung das Spiel vorbei ist, muss man ihn natürlich auch dementsprechend klug platzieren. Hier gibt es nun zwei Positionen: in der Mitte der Burg und außen neben schwer erreichbaren Positionen. Die Mitte ist für eine Burg in flacher Ebene die beste Wahl, da sie hier von allen Seiten gleichzeitig angegriffen werden kann und dort die maximalen Verteidigungswerte hat.

Gibt es um die Burg herum aber verschiedene „natürliche“ Abwehrmittel wie Berge oder Gewässer, so ist klüger, den Bergfried am Ende der Burg zu platzieren, sodass sich die Angreifer erst durch die ganze Burg durchkämpfen müssen, um dorthin zu gelangen.

Hier sieht man gut, wie spielerisch historische Elemente mit spielerischen verknüpft werden. Denn auch echte Burgen sind nach diesen Maßnahmen gebaut wurden.Vor allem der zweite Typ mit natürlichen Hindernissen für Angreifer ist meistens herangezogen wurden, indem man Burgen in vorspringende Bergzungen oder Flussschlaufen gebaut hat. Der Spieler nimmt dies beim Planen und Bauen der eigenen Burg selbst wahr und sieht Vor- und Nachteile. Das einzige Vorteil im Spiel ist, dass Gebäude sofort gebaut werden, sofern die Rohstoffe dafür da sind, und nicht mühsam einen Berg hochtransportiert werden müssen, wie im Mittelalter!
Eingemauert!
Steht der Bergfried nun und man hat sich für eine Position entschieden, folgt der nächste Schritt: Mauern! Ein Bergfried alleine herumstehend macht wenig Sinn und deshalb gucken wie uns nun an, wie man diesen (und den Rest der Burg) durch Mauern schützt. Es gibt 2 Mauern im Spiel und diese lauten wie bei den Bergfrieden: Holzwall und Steinwall! Dazu gibt es noch 2 weitere Elemente, nämlich Treppen und Zinnen, wobei beide nur an die Steinmauern gebaut werden können. Holzmauern können nämlich nicht von Einheiten bestiegen werden, während dies bei Steinmauern durch Treppen möglich ist und Bogenschützen durch Zinnen noch einen Verteidigungsbonus erhalten. Spielerisch haben die Steinmauern ihren Holzkollegen auch noch einen Vorteil in der Defensive, ähnlich wie bei den Bergfrieden. Eine Burg aus Stein ist also immer sicherer als eine Holzburg. Dies ist aber der einzige Unterschied, ansonsten macht es keinen Unterschied, ob nun Holz oder Steinwälle stehen. Hier hätte man eventuell noch ein paar historische Elemente einbauen können, wie z.B., dass Feuergeschosse bei Holzwällen mehr Schaden machen. Zur besten Platzierung lässt sich nicht viel sagen, das Motto, „je dicker, desto besser“ trifft hier perfekt zu. Wenn man vom Bauern möglichst dicker Mauern absieht, kann man noch auf das Kombinieren mit natürlichen Hindernissen verweisen, was aber nur bedeutet, dass man sich hier die Mauern sparen kann, wenn es irgendwo ein Berg- oder Wasserhindernis gibt. Ein rein optisches, aber ganz nettes Gimmick: wenn man Produktionsgebäude an einer Mauer baut, dient sie als 4. Wand und passt sich an. Auch in echt hat man aufgrund von Platzmangel gerne auf diese Bauweise gesetzt.

Welches Problem stellt sich nur, wenn man einen Bergfried samt Mauern drumherum platziert hat? Richtig: das Rein- und Rauskommen. Da eine Burg als Verteidigungsanlage galt und auch Menschen aus der Umgebung schützen sollte, war es natürlich wichtig, dass man kontrollieren konnte, wer rein und wer raus kam. Im Spiel gibt es hier drei Arten von Toren: ein hölzernes Torhaus, sowie ein großes und ein kleines steinernes Torhaus. Diese können in die Mauern eingearbeitet werden und ermöglichen so das Durchkommen von Einheiten. Im Spiel sind diese Tore jedoch mehr als nur einfach Tore. Auf ihnen können Einheiten abgestellt werden und diese können ankommende Feinde durch Fernangriffe begrüßen. Für Bogenschützen gibt es in Stronghold also genügend Aufenthaltsmöglichkeiten. Nur hat man hier ein kleines Problem, da die Bogenschützen auf den Toren vollkommen ungeschützt stehen. Kein Burgherr im Mittelalter hätte seine Truppen so gegnerischen Einheiten ausgesetzt, vor allem nicht auf dem Burgtor, welches öfters Ziel von Belagerungswaffen war. Wenn ein Burgtor zur Verteidigung gedacht war, hatte es ein zustätzliches Element, nämlich einen Wehrturm. Diese lassen sich im Spiel zwar nicht an Burgtore anbauen, aber für Mauern gibt es sie als eigenes Element.

Genauer gesagt als 5 verschiedene Türme: einen Turm aus Holz und 4 aus Stein. Und der Holzturm ist auch kein Turm im eigentlichen Sinne, sondern lediglich eine Plattform, auf welche man nur sehr wenige Einheiten stellen kann. Auch ist er nicht, wie die Türme aus Stein, erhöht, sondern befindet sich auf einer Höhe mit den Holzmauern, sodass es keinen Bonus auf die Reichweite gibt. Dabei hat es Türme aus Holz in Burgen aus Holz natürlich auch gegeben, wenngleich sie wie die anderen Burgteile ihren Verwandten aus Stein unterlegen waren. Die Steintürme ordnen sich dann in 3 quadratische Formen und einen Rundturm ein, wobei sich von Stufe zu Stufe auch immer größer werden, was wieder den Vorteil mit der Reichweite bringt. Interessant ist der Rundturm als „bester“ Turm. Hier orientiert sich das Spiel an der historischen Entwicklung, denn ging der Trend zum Rundturm mit der Weiterentwicklung von Belagerungswaffen einher. Kanonen oder Triboke konnten runde Elemente bei weitem nicht so gut treffen, wie flache. Quadratische Türmen hatten gegen Ende des Mittelalters eine starke Anfälligkeit dagegen, weshalb man zu dieser Zeit einen Wandel im Turmbau ausgeführt hat. Diese Entwicklung findet sich nun auch im Spiel wieder mit dem Rundturm als bestem Turm. Von der Platzierung her gibt es wenig zu sagen. Regelmäßige Abstände sind für das Spiel nicht so wichtig wie in der Realität, im Prinzip kann man auch unendlich Türme nebeneinander bauen, sofern man die Rohstoffe dazu hat. Da die Spielkarte immer komplett aufgedeckt ist, braucht der Turm im Spiel auch keine Spähfunktion, er dient alleine zur besseren Verteidigung der Burg.

Starke Extras
Dies sind die grundlegenden Elemente beim Burgenbau in Stronghold. Bergfried, Mauern, Türme und Tore dürfen bei keiner Burg fehlen, damit man im Spiel Erfolg haben kann. Neben diesen Grundelementen gibt es aber noch genügend andere, über die ich kurz sprechen möchte. Man kann seine Burg nämlich noch mit ein paar Fallen spicken, die man im Boden versteckt und die sich entweder bei Feindkontakt, oder bei eigener Aktivierung zeigen. Hierzu benötigt man Pech: die schwarze Flüssigkeit (dachtet ihr etwa an das Gegenteil von Glück? ;D ) wird auf dem Gelände platziert und ist für gegnerische Spieler unsichtbar. Wenn der Feind das Gelände nun betritt, kann man durch Brandpfeile dieses aktivieren und ein flammendes Inferno verbrennt die Gegner. Was sich gut in einer modernen Hollywood-Verfilmung machen würde, ist in echt aber eher selten vorgekommen. Pech wurde weniger auf dem Boden versteckt, als vielmehr von der Burg geschüttet. Aus sogenannten Pechnasen schüttete man bei einem Angriff Pech (oder andere heiße Flüssigkeiten wie z.B. Öl) heraus, damit die Angreifer die Burg nicht erklimmen konnten. Pechnasen gibt es im Spiel leider nicht, dafür aber eben die Pechgräben. Der Grund dafür könnte optischer Natur sein, denn so ein großes Flammenmeer auf dem Boden sieht doch interessanter aus, als ein Plumpsklo-ähnliches Gebäude an der Mauer.

Zumal der Platz auf den (im Verhältnis) optisch relativ kleinen Mauerelementen wohl nicht gericht hätte. Ganz fehlen tut das heiße Pechbad aber nicht, wenn man einen großen Pechkessel als Gebäude baut, können Einheiten aus diesem Pech holen und dann die Mauer herunterschütten.
Eine zweite Bodenfalle sind die Mörderlöcher: Stacheln, die aus dem Boden herausschießen, sofern gegnerische Einheiten drüberlaufen. Hier liegt nun ein typischer Fall von Falschbezeichnung vor: normalerweise sind Mörderlöcher solche Löcher in Mauern, aus welchen man Geschosse werfen oder Flüssigkeiten schütten kann. Ähnlich wie die Pechnasen. Wieso dieser Begriff hier gewählt wurde, bleibt unklar. Die englische Bezeichnungen „Killing Pit“ ist zwar frei erfunden, besetzt aber keinen definierten Begriff. Eine andere Verteidigungsanlage ist die Kohlepfanne. Diese kann auf Mauern platziert werden, sodass die Bogenschützen mit brennenden Pfeilen auf Feinde schießen können, welche stärker als normale Pfeile sind. Im Gegensatz zu den vorherigen Sachen kann man historisch gesehen hier nichts kritisieren, Brandpfeile durch Kohlepfannen waren im Mittelalter weit verbreitet. Aber weniger in der Verteidigung, viel mehr im Angriff, um Gebäude innerhalb der Burg in Brand zu stecken. Vor allem Holzgebäude waren für Angreifer ein begehrtes Ziel, um eine mögliche Eroberung der Burg zu erleichtern. Oder Mauern aus Holz, welche bei Stronghold aber feuerfest sind!

Fazit & Ausblick
Der Burgenbau von Stronghold versucht stark, sich an der Realität zu orientieren, gerät aber manchmal mit der Bezeichnung durcheinander. Die typischen Elemente einer Burg (Bergfried, Türme, Mauern, Tore) sind alle vorhanden und können ihre Wirkung im Spiel dann am besten entfalten, wenn man sich an historische Vorbilder hält. Burgen können am besten verteidigt werden, wenn man dicke Mauern hat, viele Türme und die Natur mit in den Bau einbezieht (Felsvorsprünge, Flüsse usw.). Wer seine Burg falsch plant, wird sie am Ende nicht halten können. Dabei versucht das Spiel viele Begriffe der typischen Burg zu integrieren, auch wenn einige leider falsch verwendet werden (wie z.B. die Mörderlöcher). Auch historische Entwicklungen, wie vom hölzernen zum steinernen Bergfried oder vom quadratischen zum runden Wehrturm vermittelt das Spiel durch größere Stärke im Spiel. Daher kann man von einer gelungenen historischen Anlehnung beim Bauen von Burgen sprechen. Aber wie in der echten Geschichte gilt auch hier, dass jede Burg noch so gut geplant sein kann, ein ebenso gut geplanter Angriff ist trotzdem eine Gefahr. Deshalb tauschen wir in 2 Wochen die Seiten und wir gucken uns einmal an, welche historische Elemente die Belagerungsseite aufnimmt und wie sich diese auf das Spiel auswirken. Vorher geht es aber noch ins Donjon um Energie zu sammeln!